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| Postverhältnisse Bayern - Österreich | |
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Autor | Nachricht |
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kawa Mitglied in Bronze
| Thema: Marken links Sa Feb 16, 2008 8:19 pm | |
| Guten Abend bayern klassisch
Weiter so !!!!
Ich habe da mal eine Frage. Gibt/hat es einen bestimmten Grund dass die Marken früher mehrheitlich auf der linken Seite aufgeklebt wurden ? _________________ Motivsammeln ist spannend und lehrreichwww.walter-kalt.ch über 25'300 Briefmarkenabbildungen Motiv Luftfahrt 51 Sammelblätter Offene-Klasse 48 Sammelblätter thematisch über 4100 Belege Abbildungen zur Luftfahrt |
| | | bayern klassisch 0beiträge
| Thema: Marken links Sa Feb 16, 2008 9:29 pm | |
| Hallo kawa,
du bist ein guter Beobacher - und du hast Recht mit deiner Vermutung.
Da ich nur für Bayern reden kann, und nicht für Österreich, führe ich die Anweisung für das Publikum auf, die den bayerischen Briefmarken ab dem 1.11.1849 folgte:
Die Marken sind in der linken oberen Ecke zu befestigen ...
Also war die Anweisung, sie nirgendwo sonst hinzukleben, bindend. Verstösse gab es am Anfang selten, erst im Lauf der Jahre wurden die Marken auch links unten und rechts oben geklebt. Nur rechts unten ist jede bayer. Quadratmarke sehr selten, das Verhältnis ist etwa 700 zu 1! Wenn es gewünscht wird, kann ich mal 4 Briefe zeigen, die die Marken in allen Ecken zeigen.
Ehe ich es vergeß - diese Vorschrift war nicht strafbewehrt, also machte es nichts aus, wenn sie woanders verklebt wurde. Für die Behandlung bei der Post war es aber günstig, die Marken links oben hinzukleben, denn links unten hatte als fester Bestandteil der Adresse das Wort frei, franko o. ä. zu stehen, so dass man mit einen Blick auf die linke Seite des Briefes (fast) alles sehen konnte.
Liebe Grüsse von bayern klassisch |
| | | kawa Mitglied in Bronze
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich So Feb 17, 2008 10:43 am | |
| Guten Morgen vielen Dank für die ausführliche Antwort. - Zitat :
- Wenn es gewünscht wird, kann ich mal 4 Briefe zeigen, die die Marken in allen Ecken zeigen.
wollen wir doch Mozart etwas beschäftigen _________________ Motivsammeln ist spannend und lehrreichwww.walter-kalt.ch über 25'300 Briefmarkenabbildungen Motiv Luftfahrt 51 Sammelblätter Offene-Klasse 48 Sammelblätter thematisch über 4100 Belege Abbildungen zur Luftfahrt |
| | | kawa Mitglied in Bronze
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich So Feb 17, 2008 6:40 pm | |
| Guten Abend bayern klassisch es ist mir noch etwas unklar/aufgefallen - Zitat :
- Da es aber keine teilfrankierten Briefe gab, ignorierte die Schweiz die Frankatur und verlangte 40 Rappen = 12 Kr. CM vom Empfänger. Weil es ein Auslandsbrief war, kam kein Portozuschlag in Höhe von 3 Kr. hinzu.
40 Rappen muss ja zu dieser Zeit beinahe 1/2 Tageslohn gewesen sein für den Durchschnittsbürger. Das ist ja unvorstellbar, dass soviel verlangt wurde. ok, die Schweiz ist ein teures Land, (auch Heute noch, jammer). _________________ Motivsammeln ist spannend und lehrreichwww.walter-kalt.ch über 25'300 Briefmarkenabbildungen Motiv Luftfahrt 51 Sammelblätter Offene-Klasse 48 Sammelblätter thematisch über 4100 Belege Abbildungen zur Luftfahrt |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Di Feb 19, 2008 12:52 am | |
| @kawa ich bin mir sicher, @bayern klassisch wird bald auf deine Frage antworten! In der Zwischenzeit, stell ich mal einen weiteren Brief aus dieser eindrucksvollen Sammlung vor!Dienstbriefe waren gegenseitig gratis zu befördern, Parteisachen von Bayern waren immer kostenpflichtig, da ein Privater eine Behörde um ihren Dienst bat. Dein einzigen Fall, bei dem zwar eine Behörde in Bayern an eine andere Behörde in Österreich einen Dienstbrief schrieb, diesen aber voll bezahlte, zeige ich hier. Er stammt vom Landgericht Neustadt an der Aisch vom 17.5.1862 und ist an das K. K. städt. deleg. Bezirksgericht in der Wiener Neustadt gerichtet. Vermutlich wusste man in Bayern nicht, welchen Charakter dieser Brief einmal haben würde, so dass man ihn sicherheitshalber mal frankierte mit 9 Kr. für Briefe bis 1 Loth über 20 Meilen, denn er trägt unten links der Vermerk "frei". Wäre es eine Parteisache gewesen, hätte man ihn mit dem Vermerk P.S. versehen müssen. Als Regierungssache R.S. war er immer kostenlos. Auf ein Pendant aus Österreich warte ich seit 25 Jahren ... |
| | | bayern klassisch 0beiträge
| Thema: Hallo kawa, Di Feb 19, 2008 7:23 am | |
| 40 Rappen waren 1853 kein Pappenstiel, jedoch war die Schweiz damals nicht teurer oder günstiger als andere Länder auch (heute ein wenig anders). Für das Geld hätte man 3 mal zu Mittag essen können. Was würdest du heute sagen, wenn dir dein Postler einen Brief mit nicht anerkannter Frankatur in die Hand drücken würde, und dafür 30 Franken wollte?
Die Anwort kann man sich vorstellen. Vermutlich würden einige Empfänger heute sogar beleidigend werden, denn bei der derzeitigen Erziehung ist das gut möglich. Damals war man aber froh, dass man aus dem von Zürich gesehen fernen, fernen Ungarn überhaupt einmal ein Schreiben bekommen hat. Da zahlte man, wenn man konnte, diese exorbitant hohen Nachgebühren "gern", denn man soll ja gern zahlen, was man zahlen muss.
Hätte unser Schweizer die Zahlung der 40 Rappen verweigert, so wäre dies einer Annahmeverweigerung des Briefes selbst gleichgekommen, man hätte den Brief nach Ungarn retourniert und der Absender hätte 12 Kr. CM selbst zahlen müssen. Dann hätte ja keiner etwas von dem Schreiben gehabt. Da war es so schon besser.
Unterfrankierte und retour laufende Briefe sind gerade bei den alten Stücken sehr interessant und fast ausnahmslos "eyecatcher". Hätten wir nur mehr davon!
Liebe Grüsse von bayern klassisch |
| | | Gast Gast
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Di Feb 19, 2008 2:06 pm | |
| Hallo. das sind wirklich informative, beeindruckende Beiträge und Belege! DANKE alles Liebe tw
:DK: |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Di Feb 19, 2008 3:25 pm | |
| Zu den postgeschichtlichen Granaten gehören und gehörten Dienstbriefe der bayerischen Ämter in Österreich und vice versa. Hier ein wunderbarer Beleg aus Neumark in Böhmen vom 29.6.1851 des kgl. (bayerischen) Nebenzollamts Neumark an das königlich bayerische Hauptzollamt in Furth am Wald. Die Gebührenfreiheit wurde mit dem Franchisevermerk "Zollvereinssache" erlangt. Hierbei ist zu beachten, dass Österreich dem am 1.1.1834 gegründeten Zollverein niemals beigetreten war! Trotzdem war er, korrekt von Neumarks Post, ohne Taxansatz zu belassen, wie auch österreichische Dienstbriefe von Behörden in Bayern dort ohne Gebühren abzuspedieren waren. |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Mi Feb 20, 2008 9:56 pm | |
| Die Lombardei und Venetien waren nach dem Wiener Kongress Österreich zugeschlagen worden, ein grosser Erfolg des Taktikers Metternich. Briefe nach dorthin wurden von den westbayerischen Orten, hier Augsburg, üblicherweise über die Schweiz nach dorthin geleitet, was i. d. R. 3 Kr. Zuschlag kostete. Hier ein Beispiel aus Augsburg vom 22.2.1853 nach Mailand, bei dem sich der Absender diese 3 Kr. ersparen wollte und den langsameren Weg über Innsbruck wählte. Gerade im Winter war der Leitweg über die Schweiz zeitlich von Österreich nicht zu unterbieten. Dieser kam am 26.2. in Mailand an. |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Do Feb 21, 2008 11:29 pm | |
| Aus der Lombardei und Venetien gibt es auch Post nach Bayern, wie hier ein Portobrief aus Venedig vom 25.2.1856 für 12 Kr. zeigt. Der Absender verzichtete auf eine Laufwegsvorgabe, so dass die Post den günstigsten Weg über das eigene Gebiet favorisierte. Da er siegelseitig weder einen Transit- noch einen Ankunftsstempel aufweist, muss über die tatsächliche Laufzeit spekuliert werden. |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Fr Feb 22, 2008 11:01 pm | |
| Zu den grossen Besonderheiten zählen und zählten Briefe mit Briefen. Der Absender konnte also den Postzwang, also jeden Brief einzeln aufzugeben, umgehen, indem er von mehreren Personen Briefe in ein Kuvert legte und dieses entsprechend beschriftet absandte. Hier eines von 2 bekannte Kuverts aus der Frühzeit aus Innsbruck vom 15.11.1854 nach Augsburg. Die Adresse lautet:" Fräulein Fräulein Emma Erzberger mit Briefen der Herren Erzberg & Söhne. Augsburg". Die Dame war also geschäftlich angeschrieben worden. Der bayer. - österreichische Postvertrag von 1850 sah für derlei Spezialitäten nichts vor, so dass ihn beide Seiten als korrekt mit 6 Kr. CM ansahen, da er immer noch unter einem Loth wog. |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Sa Feb 23, 2008 8:11 pm | |
| Der einzige mir bekannte Brief mit Briefen aus der späteren Periode, noch dazu eingeschrieben, datiert vom 25.11.1859 und stammt aus der Wiener Neustadt. Er ist gerichtet an "Fräulein Sidonie Goes mit Briefen des hochwohlgebornen Herrn Major Wilhelm Goes in Schwaig bei Nürnberg Post Lauf in Bayern". Die 15 Nkr. Marke deckte das Franko bis 1 Loth ab, und die siegelseitig verklebte 10 Nkr. Marke die Einschreibegebühr. In Lauf kam er am 28.11. wohlbehalten mit seinen Briefen an. Wie für alle Rekobriefe galt auch hier: Bei Verlust durch Bedienstete der Postanstalt waren 24 1/2 Gulden dem Absender zu ersetzen. Hier war das nicht nötig. ... und zur Verdeutlichung noch die Rückseite dieses Briefes mit Briefen ... |
| | | kawa Mitglied in Bronze
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Sa Feb 23, 2008 8:32 pm | |
| Guten Abend bayern klassisch, Ich sage nur phantastisch. - Zitat :
- Da er siegelseitig weder einen Transit- noch einen Ankunftsstempel aufweist, muss über die tatsächliche Laufzeit spekuliert werden.
Ab wann wurden eigentlich die Ankunfststempel offiziell nicht mehr angebracht. Mir sind nur noch Ankst. bei Erstflügen usw. (durch verlangen, als Flugbestätigung) bekannt. Ein schöner Sonntag wünscht und _________________ Motivsammeln ist spannend und lehrreichwww.walter-kalt.ch über 25'300 Briefmarkenabbildungen Motiv Luftfahrt 51 Sammelblätter Offene-Klasse 48 Sammelblätter thematisch über 4100 Belege Abbildungen zur Luftfahrt |
| | | bayern klassisch 0beiträge
| Thema: Bayerische Ankunftsstempel Sa Feb 23, 2008 8:51 pm | |
| Hallo kawa,
in Bayern hat S. M. der König höchstselbst geruht anzuordnen, dass ab dem 31.1.1843 auf allen Briefen der Abgabestempel (Ankunftsstempel) auf allen Poststücken siegelseitig abzuschlagen sei.
Diese Anweisung blieb die gesamte Kreuzerzeit in Kraft. Da ich die Pfennigzeit nicht sammle, und von daher nur wenig Ahnung über den Manipultionsdienst dieser Zeit habe, kann ich dir nicht genau sagen, wie es weiter ging. Ich glaube aber, dass man nach 1900 bei Postkarten und Drucksachen nicht mehr ankunftsgestempelt hat, kann dir aber leider keine Verordnung benennen.
Schön, wenn dir meine Sammlung gefällt, es kommt noch einiges nach ...
Liebe Grüsse von bayern klassisch |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich So Feb 24, 2008 8:44 pm | |
| Ein einfacher Portobrief aus Lugos vom 6.10.1857 nach Obendorf bei Weltzheim im Württemberg hatte schon damals bayerische Relevanz, weil er von Salzburg über bayerische Gebiet nach Württemberg laufen musste. Die Aufgabepost taxierte ihn korrekt mit 12 Kr. CM, die später noch einmal in blauer Tusche wiederholt wurden. Bayern bekam für seinen Transit 2 Briefe auf ein Loth gerechnet, was hier bei diesem etwa 1 Kr. ausmachte. Wie lief das damals ab? Österreich notierte ihn in der Briefkarte, also dem Begleitdokument, mit 12 Kr. CM. Württemberg kassierte am 11.10. vom Empfänger die 12 Kr. rheinisch, musste nun aber Österreich diese 12 Kr. CM vergüten, die ja den Faktor 1,2 zu den rheinischen Kreuzern hatte. Rechnerisch also 14,4 Kr. rheinisch vergüten, obwohl man nur 12 Kr. eingenommen hatte! Österreich bekam also diese 12 Kr. CM von Württemberg gutgeschrieben und vergütete quartaliter Bayern für seinen Transit mit 1 Kr. CM. Dabei spielte es keine Rolle, ob es sich um einen Franko- oder Portobrief handelte. Auf den Briefen selbst kann man diese Transitgebühren nie ersehen. |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Do Feb 28, 2008 3:12 pm | |
| Die Parallele, jetzt frankiert, aus Salzburg vom 16.11.1853 nach Stuttgart. Weil vor dem 1.10.1855 versandt, wurde nun noch individuell das Gewicht gerechnet und Bayern als Transitleister gutgeschrieben. Hier galt noch der Brief als einfach, also mit einem Loth, so dass Bayern gut 1,5 Kr. CM von Österreich bekam, also fast 2 Kr. rheinisch. Württemberg bekam den Brief und ansonsten nichts. Diese Transite sind den allermeisten AD - Sammler unbekannt oder bestenfalls ein Buch mit 7 Siegeln. Es bedarf einer jahrelangen Erfahrung bei den sog. inneren Transiten Altdeutschlands und der Kenntnis der jeweiligen Transitlinien mit ihren individuellen, sich zweimal ändernden Vergütungen, um Briefe von Land A über Land B nach Land C korrekt beschreiben und interpretieren zu können. Wer z. B. einen österreichischen Brief nach Oldenburg hat, der hat viel Forschung vor sich ... Aber es lohnt sich! |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Fr Feb 29, 2008 10:50 pm | |
| Am 21.10.1865 sandte das katholische Pfarramt in dem schwäbischen Weiler eine P. S. frankiert, eingeschrieben und per Expreß an ein Pfarramt in Pinswang in Tirol ab. Eine Parteisache (P.S.) lag vor, wenn jemand von einer Behörde oder einem Amt eine Dienstleistung benötigte, und dieses Amt dann einen Brief schreiben musste. Da dieses Schreiben dann kein Amtsschreiben war, das gebührenfrei befördert wurde, gab es die Möglichkeit zu frankieren wie hier, oder den Brief portopflichtig zu versenden. Da grundsätzlich Ämter keine portopflichtigen Schreiben annahmen, war man gehalten, diese mit Marken zu frankieren, wie hier geschehen. In diesem Fall schien grösste Eile geboten zu sein, denn die Absendebehörde notierte noch "dringend", was nur bei Amtsbriefen die Expreßzustellung bewirkte. Diese war im Ort kostenlos, ausserhalb des Ortes aber kostenpflichtig (9 Kr. in Bayern bei der Tagzustellung und 18 Kr. bei Nachtzustellung - in Österreich 15 Nkr. bzw. 30 Nkr. entsprechend). Da die Absendebehörde aber nicht gerne Geld vorstreckte, liess sie den Antragsteller i. d. R. ein Depositum hinterlegen, aus dem dann die Kosten für Briefe, Kopien und Botenlöhne bezahlt wurden. So war das auch hier. Die Frankatur betrug 3 Kr. in Marken und 6 Kr. für die Einschreibung ("Chargé"). Die Frage ist nur, ob ein bayerischer Expreßbote von Füssen nach Pinswang lief, und welchen Betrag er zu bekommen hatte. In den Verordnungen schweigt man sich hierüber aus - zu selten kam dies wohl vor. In den Akten steht nur, dass bei der Versendung von Expreßbriefen die übliche Ganggebühr für den Boten angesetzt wird, die aber heute keiner mehr kennt. Es ist dies der einzig mir bekannte Dienstexpreßbrief aus Bayern nach Österreich. Gerne hätte ich auch einen in die andere Richtung. |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich Sa März 01, 2008 1:02 pm | |
| Am 17.3.1852 ging ein kleines Briefchen aus Mailand an den Marchese Fabio Pallariano nach Monaco, also München, unfrankiert ab. Bei Postvereinsbriefen wurde immer in der Währung der Abgabepost taxiert, was die Verrechnung gegenseitiger Gebührenansprüche erleichterte. 4 Tage später zahlte unser Adliger in München brav seine 12 Kr. und warf den Brief nach Lesens desselben Gott-sei-Dank nicht weg. Wer die Kaufkraft in dieser Zeit nicht kennt, der kann diesen Betrag mit 3 Mittagessen in heutiger Zeit gleichsetzen. Diesen Empfänger hat das sicher nicht gestört. |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich So März 02, 2008 12:20 pm | |
| Ein Avviso, also eine Ankündigung einer Warenlieferung, wurde in Nürnberg vom dortigen Bahnhof am 13.8.1861 direkt in den Zug eingeworfen. Hierfür waren an dem Bahnhpostwaggon eigens Schlitze in der Seitenwand eingearbeitet worden, so dass beim Warten des Zuges in der Bahnhofshalle die Kundschaft noch schnell ihre Post einwerfen konnte. Dieser Zug fuhr von Nürnberg Richtung Passau, wie aus der Angabe im Sehenkasten des Bahnposthalbkreisstempels ersichtlich ist. Er wurde von den Bahnpostbeamten im fahrenden Zug gestempelt und mit 20 Neukreuzer richtig als einfacher Brief taxiert. Am 18.8. wurde er in Triest ausgetragen. Bahnpoststempel in passabler Qualität zu finden, ist nicht leicht. Wer die damaligen Verhältnisse einigermassen kennt, wundert sich fast schon, dass sie auf der richtigen Seite abgeschlagen wurden. Ein Zuckerschlecken war der Dienst damals sicher nicht. |
| | | kawa Mitglied in Bronze
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich So März 02, 2008 12:56 pm | |
| Guten Morgen bayern klassisch
für Motivsammler ist es sehr einfach zu Informationen zu kommen. (Web) Wie aber kommst du zu diesen interessanten Informationen. Ich denke mir, dass dies nicht einfach ist, sich all diese Informationen zu beschaffen und sich das Wissen anzueignen. Gibt es da ausführliche Literatur ?
Bitte weitermachen mit so schönen Belegen und ausführlichen Informationen. Ein schöner Sonnatg wünscht und _________________ Motivsammeln ist spannend und lehrreichwww.walter-kalt.ch über 25'300 Briefmarkenabbildungen Motiv Luftfahrt 51 Sammelblätter Offene-Klasse 48 Sammelblätter thematisch über 4100 Belege Abbildungen zur Luftfahrt |
| | | bayern klassisch 0beiträge
| Thema: Literatur So März 02, 2008 6:42 pm | |
| Hallo kawa,
danke, wenn dir die kleinen Briefchen gefallen.
Literatur gibt es über vieles - aber sie ist nicht einfach zu lesen und zu verstehen, umfangreich, daher teuer und es braucht oft recht lange, bis man einen Brief findet, dem die Literatur zugrunde liegt. Meine Bayern - Literatur wiegt ca. 500 kg (ich kann das gut schätzen, da ich vorige Woche umgezogen bin und alles selbst packen und auspacken durfte!). Eine Auflistung würde jeden Rahmen sprengen, aber vieles entdeckt man und erforscht man, ohne die Literatur hierüber zu besitzen, weil es keine gibt und auch manchmal keine gab (Primärliteratur). Außerdem ist vieles in den vergangenen Jahrzehnten verschütt gegangen und nicht mehr zugreifbar. Zudem widersprechen sich Vorschriften und Verträge, anderes wurde zwar vereinbart, aber nie vollzogen, dann wurde vergütet, was nie in Anspruch genommen wurde und vieles mehr. Wenn dieser Teil der Korrespondenz abgeschlossen sein wird, folgen die Teile 2 - 4. Bei den dort zu behandelnden Transiten (Folge 2 und 4) wird es etwas anspruchsvoller als jetzt noch. Aber das soll der Sache keinen Abbruch tun. Generell liegt mein Literaturschwerpunkt auf den Postverträgen, den Manipulationsbestimmungen, den Ausführungsbestimmungen, den Reglements, den Durchführungsverordnungen usw. usw.. Hat man einen Brief von Bayern nach Österreich, ist dies in der Regel kein Hexenwerk. Aber was kostete ein eingeschriebenes Muster ohne Wert mit 2,1 Loth von 1852 von Norwegen per Landversendung über Schweden, Dänemark, Preußen, Bayern und der Schweiz nach Österreich? Da helfen nur Verträge, oder man hat verloren. Für Postgeschichtler gilt: manchmal verliert man, manchmal gewinnt man. Keiner weiß alles, keiner wusste damals alles. Viele haben Fehler gemacht, einige wurden korrigiert, andere haben alles verschlimmbessert. Aus dem Beleg das eruierbare herauszufiltern, das ist die Kunst.
Beste Grüsse von bayern klassisch |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Postverhältnisse Bayern - Österreich So März 02, 2008 7:54 pm | |
| In einer bayer. Verordnung las ich einmal, dass es selbstverständlich sei, dass Marken, die aus mehreren Teilen zusammengesetzt auf einen Brief geklebt sind, keine Gültigkeit haben können. Das kann man sogar heute noch nachvollziehen. Jahre später entdeckte ich diesen Brief aus Lichtenfels vom 6.6.1870 nach Lieben bei Prag, bei dem eine 3 Kr. Marke ein kleines Puzzle darstellt. Da meiner Meinung nach die meisten Postbetrügereien von Postbediensteten selbst initiiert wurden, fielen sie auch kaum auf. Der Abgabepost war dies egal, denn wenn Bayern solch ein Flickwerk anerkannte, musste ein Böhme auch nicht weiter daran zweifeln. |
| | | kawa Mitglied in Bronze
| Thema: Re: Postverhältnisse Bayern - Österreich So März 02, 2008 8:10 pm | |
| Guten Abend bayern klassisch,
ich weiss ich bin ein „stürmi“. Ich habe zu diesem Beleg noch eine Frage! Wie ist nun dieser Brief einzuordnen, Rarität, Fälschung oder sogar nicht sammelwürdig weil ja die Briefmarke defekt ist. Ich bin mir sicher das letztere ist es sicher nicht !!!! _________________ Motivsammeln ist spannend und lehrreichwww.walter-kalt.ch über 25'300 Briefmarkenabbildungen Motiv Luftfahrt 51 Sammelblätter Offene-Klasse 48 Sammelblätter thematisch über 4100 Belege Abbildungen zur Luftfahrt |
| | | Mozart Mitglied in Silber
| Thema: Postverhältnisse Bayern - Österreich Mo März 03, 2008 11:05 pm | |
| Den frechsten oder auch cleversten (versuchten) Postbetrug, den ich je gesehen habe, dachte sich jemand am 19.11.1870 in Furth am Wald aus. In Anbetracht des erfolgreichen Fortgangs des Krieges von 1870/71 gegen Frankreich, glaubte er die nationalistisch angehauchte Stimmung nutzen zu können, indem er ihn mit "Separe et attache" links unten beschriftete. Er gab sogar, weil er dem allein nicht traute, dem Brief etwas amtliches mit auf den Weg, indem er oben "Stadt Furth am Walde in Bayern" schrieb, obwohl es nach dem Siegel nur ein einfacher Privatbrief war. So glaubte er, um die Kosten einer 3 Kr. Marke herum zu kommen, bzw. dem Empfänger 10 Neukreuzer zu ersparen. Doch weit gefehlt: Die bayer. Post benötigte zur Anerkennung eines gebührenfreien Dienstbriefes immer folgendes: 1) Die Nennung der Behörde oben auf der Vorderseite (hier geschickt imitiert). 2) Die Angabe der Postportofreiheit durch Kürzel (R.S., A.S. oder ähnliches), welche fehlt. 3) Die Angabe der Expeditionsnummer, unter der im Postbuch die Sendung registriert werden musste, welche auch fehlt und 4) den Verschluss des Briefes mit dem amtlichen Dienstsiegel, welches unser Betrüger natürlich nicht hatte. Daher taxierte man ihn als gewöhnlichen Portobrief mit 10 Nkr. und überliess 2 Tage später die Einziehung dieses Betrages dem österreichischen Postamt. Soviel Mühe, und dann doch an den Postvorschiften gescheitert. |
| | | bayern klassisch 0beiträge
| Thema: Zusammengesetzte Marke = Postbetrug Di März 04, 2008 8:10 am | |
| Hallo kawa,
Briefe mit nachgewiesenem Postbetrug zum Schaden der Postverwaltung sind immer hoch interessant und begehrenswert.
Warum? Sie zeigen, dass die Bediensteten, die diese Defraudationen begingen, finanziell nicht eben rosig gestellt waren, wenn ihre Expeditionen wenig Geld abwarfen. Nur wenige Postexpeditoren waren wohlhabend, die meisten schwammen so mit, etliche waren an der Armutsgrenze angesiedelt. Bei einem ursprünglichen Poststück, wie es 1870 unbemerkt von der Postkontrolle zugestellt wurde, würde ich nie von "nicht sammelswert" sprechen.
Wäre die Marke wie jede andere auch damals normal verklebt worden, hätte man zwar einen sehr schönen Brief mit Zierstempel vor sich, aber die postgeschichtliche Aussage wäre gering. So kann ich aber eine bayerische Verordnung, die ja nicht wegen dieses Briefes existiert, in Einklang mit einem Beleg für den Grund dieser Verordnung zeigen, was postgeschichtlich hervorragend ist (wie froh wäre ich, wenn ich jede Postverordnung, die ich kenne, mit einem Brief belegen könnte ...).
Der Brief ist auch keine Fälschung, weil er in allen Teilen echt ist - Marke ich echt, Abstempelung ist echt, Ankunftsstempel ist echt ...
Ich kenne die Akribie der Schweizer Post nicht - kann sie mir aber vorstellen - und denke, wenn du heute eine Marke aus Teilen anderer gleicher Marken zusammensetzt, dass das auch kaum auffällt. Würdest du dem Postler 1 Franken für einen Brief geben und dieser würde unter dem Schalter sich aus 2 teilgestempelten 1 Franken Marken eine "neue" Marke basteln, bekämst du das doch auch nicht mit, oder? Und wenn dem Empfänger Briefmarken egal sind, reißt er den Brief auf, wenn er ihn hat, und wirft das Kuvert in den Papierbehälter. Fischt man es dort heraus und zeigt es Jahre später, halte auch ich diesen Brief für postgeschichtlich interessant, weil es eben keine "gemachte" Sache, sondern eine authentische ist.
Ich habe seinerzeit für den als Postbetrug erkannten Brief 30 Euro bezahlt - und gäbe ihn für das Dreifache nicht her, weil ich nicht wüsste, wie ich einen anderen, aber ähnlichen beschaffen sollte.
Wenn jemand Lombardei - Venetien sammelt, freut er sich doch auch über eine Veroneser Postfälschung auf Brief, auch wenn das andere Werte sind. Mir ist alles lieb und recht, was entweder schön, interessant (gegen die Vorschrift oder genau wie die Vorschrift, wenn sie unüblich war), oder am besten schön und interessant zusammen ist. Diesen Brief finde ich daher in ganz besonderem Maße sammelnswert, weil er Interessanz und Attraktivität vereinbart.
Liebe Grüsse von bayern klassisch
P.S. Schau dir mal den den Brief aus Furth an - das ist der Versuch eines Postbetruges hoch 2, letztlich gescheitert, aber es ist doch kein normaler Portobrief von Bayern nach Österreich, sondern etwas ganz besonderes. Solch einen habe ich nie wieder gesehen. |
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