Hallo zusammen!
Eigentlich ist es ganz einfach, sich die im Großherzogtum Baden zwischen 1851 und 1871 erschienenen Briefmarken zu merken und sie richtig zuordnen zu können.
Es begann mit der ersten Ausgabe geschnittener Marken in den Nennwerten von 1, 3, 6 und 9 Kreuzer, die am 1. Mai 1851 an die Schalter kamen – bei Michel die Nummern 1-4. Gedruckt wurde mit schwarzer Stempelfarbe auf unterschiedlich farbiges Papier. Auf meiner Steckkarte mit Marken aus meiner Heidelberg-Sammlung in der ersten Reihe. (Der Postexpedition Heidelberg war die Stempelnummer ‚57‘ zugeteilt worden).
Ab dem Jahr 1853 wurde mit den gleichen Druckstöcken auf andersfarbiges Papier gedruckt – die 1-Kreuzer-Marken auf weißes, die 3-Kreuzer auf grünes und die 6-Kreuzer auf gelbes Papier. Die Michel-Nummern lauten 5-7. Im Jahr 1858 folgte eine weitere Farbänderung: die 3-Kreuzer-Marke wurde jetzt blau – Michelnr. 8. Ich habe sie in die zweite Reihe platziert.
Im Jahr 1860 gab es völlig neue Marken: statt der Ziffern jetzt das badische Wappen, statt farbigem jetzt weißes Papier, das farbig bedruckt wurde, und last but not least wurden die fertig gedruckten Bogen mit einer neu angeschafften „Durchlochungsmaschine“ perforiert – es entstanden gezähnte Marken.
In der dritten Reihe der Stekkarte findet ihr links die eng gezähnten (K 13 ½) Michelnr. 9-12 , rechts die weit gezähnten (K 10) Nr. 13-15, die ab 1862 verwendet wurden.
Die nächste Reihe mit den Nummern 17-22 zeigt das endgültige Druckbild der badischen Marken: aus ästhetischen Gründen wurde die Schraffierung des Wappen-Hintergrunds beseitigt, statt des linierten entstand in weißer Hintergrund.
Schließlich, im Jahr 1868, ergab sich eine letzte Änderung der Marken. Nach dem für Preußen siegreichen Krieg von 1866 hatte der Deutsch-Österreichische Postverein aufgehört zu existieren. Deshalb wurde der Text „Postverein“ auf den Marken durch „Freimarke“ ersetzt. Außerdem wurde die Währungsbezeichnung „Kreuzer“ durch „KR“ abgekürzt.
Für die gezähnten Marken Badens gibt es eine einfache Systematik: zuerst kamen die eng gezähnten Marken mit schraffiertem Hintergrund, dann folgten die weit gezähnten mit gleichem Druckbild. Die wurden abgelöst durch weit gezähnte Marken mit weißem Hintergrund; zuletzt kam der Satz mit abgekürzter Währungsbezeichnung.
Wenn da nicht die Nummer 16 wäre, die ich – nicht ganz zufällig – auf meiner Steckkarte ausgelassen habe: sie zeigt zwar schon das „neue“ Druckbild mit weißem Hintergrund, aber gleichzeitig die „alte“ enge Zähnung.
Auf diese Marke möchte ich etwas ausführlicher eingehen:
Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei der enggezähnten roten 3-Kreuzer-Marke von 1862 um die badische Briefmarke, über die am meisten diskutiert und geschrieben wurde, zu der es aber nach wie vor unterschiedliche Theorien gibt, was ihre Auflage anbetrifft.
Merkwürdig ist auch die Tatsache, dass die Nummerierung im Michel-Katalog – und allen anderen mir bekannten Katalogen – bei dieser Marke die chronologische Reihenfolge ihres Erscheinens nicht richtig wiedergibt: sie müsste statt der Nummer 16 eigentlich die Nummer 14 erhalten, da sie vor den 6- und 9-Kreuzer-Marken (Nr. 14 und 15) an die Postämter ausgeliefert wurde.
Von Lindenberg („Die Briefmarken von Baden unter Benutzung amtlicher Quellen, bearbeitet von C.Lindenberg“ Verlag von Dr. H. Brendicke, Berlin 1894) wissen wir, dass es im Jahr 1862 zwei Beweggründe für eine Veränderung der badischen Briefmarken gab. Die preußische Postverwaltung hatte angeregt, dass alle Staaten des DÖPV einheitliche Farben für ihre Marken mit gleichem Wertbetrag einführen sollten, um so die Kontrolle des richtigen Portos länderübergreifend zu erleichtern.
„Es waren herbei nur die Wertbeträge, welche die 3 Taxstufen darstellten, in Aussicht genommen, und zwar sollten die Marken zu 1 Sgr. (3 Kr. Rheinisch, 5 Neukr. Österr., 1 ½ Schill. Mecklenburgisch, 2 Schill. Hamburgisch und Lübisch, 3 Grote Bremisch, 12 ½ Centimes Luxemburgisch) rot, die zu 2 Sgr. etc. blau und die zu 3 Sgr. etc. dunkelbraun sein.“Den zweiten Beweggrund für eine Änderung beschreibt Lindenberg so:
„Neben dieser Farbänderung trat aber auch das Bedürfnis nach einer Änderung der Zeichnung hervor. Es hatte mehr und mehr die Einsicht Platz gegriffen, dass der schraffirte Untergrund das Wappen gar zu schlecht hervortreten lasse, und damit der Schönheit der Marken Abbruch thue.“Demzufolge wurde der Graveur Kurz in Frankfurt beauftragt, die Schraffierung aus den Satzstücken zu entfernen. Gebraucht wurden zunächst nur die Stempel der 3-Kreuzer-Marke (MiNr. 10); die zum Druck der 6- und 9-Kreuzer-Marken (Nr. 11 und 12) waren weniger stark abgenutzt und konnten weiterverwendet werden.
Dem Mannheimer Handelsverein ist es zu verdanken, dass im Jahr 1862 auch höhere Nennwerte als 9 Kreuzer in Auftrag gegeben wurden. Auf dessen Initiative im Juli 1861 hin wurden bei Kurz auch Satzstücke für 18- und 30-Kreuzer-Marken in der neuen nicht schraffierten Version bestellt.
Folgt man Lindenberg, so erhielt die Hofdruckerei Hasper am 31. Dezember 1861 einen großen Druckauftrag :
20.000 Blatt zu 1 Kreuzer in schwarz,
60.000 Blatt zu 3 Kreuzer in cochenillelack,
10.000 Blatt zu 6 Kreuzer in berlinerblau,
10.000 Blatt zu 9 Kreuzer in umbra,
2.000 Blatt zu 18 Kreuzer in hellchromgün,
2.000 Blatt zu 30 Kreuzer in zinnoberrot (bzw. später dunkelchromgelb)
Von diesen Marken wurden die zu 3, 18 und 30 Kreuzer von den neuen Satzstücken, die zu 1, 6 und 9 Kr. noch von den alten Satzstücken, bei denen das Wappen auf schraffirtem Grund stand, gedruckt“Ein gewaltiger Druckauftrag für den guten Hofdrucker Hasper – über 10 Millionen Briefmarken waren per Handpressendruck fertigzustellen. Besonders eilig war dabei die Auslieferung der 3-Kreuzer-Marken mit den neuen Satzstücken, weil hier die Vorräte zur Neige gingen. Deshalb wurde mit dem Druck dieser Marken begonnen.
Nachdem am 26. März die ersten 2.000 Blatt abgeliefert waren, gab die „baden-württembergische“ Durchlochungsmaschine (gemeinsam mit der württembergischen Post für 1285 fl. 35 Kr. in Österreich gekauft) wieder einmal ihren Geist auf. Diesmal packte man das Problem der häufigen Störungen an der Wurzel an: die viel zu dünnen Perforationsnadeln, die häufig brachen und die Maschine lahmlegten, wurden kurzerhand durch stabilere – dickere - ersetzt. Erst nach dieser Unterbrechung, am 4. Juli 1862, fand die nächste Ablieferung von 4.000 Blatt der 3-Kreuzer-Marken statt.
Und das war jetzt schon die Michelnummer 18.
Amtlicherseits gibt es bezüglich der veränderten Zähnung der Marken keinerlei Verlautbarung; anders als heute hielt man dies damals nicht für erwähnenswert.
Bis heute sind viele Sammler skeptisch, ob diese relativ kleine Zahl – 200.000 Marken – richtig ist. Im Vergleich zu Marken mit ähnlicher Auflage wie z.B. den 18- und 30-Kreuzer-Marken sind deutlich mehr Briefe und insbesondere lose Marken erhalten geblieben. Bedenkt man aber, dass von den hohen Nennwerten große Anteile ungebraucht blieben und z.T. vernichtet wurden, während die Nummer 16 fast vollständig verbraucht wurde – ganze 63 ungebrauchte Exemplare kannte der Baden-Prüfer Englert im Jahr 1994, so relativieren sich die Zahlen deutlich. Auch sind aufgrund der hauptsächlichen Verwendung der hohen Nennwerte für Auslandspost sicher mehr Briefe und Marken verloren gegangen als bei der im Inland verbliebenen Post. Und last but not least gibt es bekanntlich auch reichlich nachgezähnte Fälschungen aus der Nummer 18 ….
Die Arbeitsgemeinschaft Baden führt ein sehr umfassendes Archiv der bekannten Belege aller besseren Frankaturen. So sind aktuell etwa 100 Einzelfrankaturen mit der Nummer 16 registriert. Dazu kommen 66 Bunt- und Mischfrankaturen bzw. Zusatzfrankaturen auf Briefumschlägen.
Einer anderen Statistik ist zu entnehmen, dass nur in 101 der insgesamt 177 Postagenturen die enggezähnten 3-Kreuzer-Marken vorkommen.
Ein kleines Briefstück kann ich zeigen, dessen Uhrradstempel „7“ man wegen des beigefügten Stempels der Postexpedition Heidelberg dem Briefkasten am Mönchhof im Stadtteil Neuenheim zuordnen kann.
Mein Brief mit einer Einzelfrankatur ging am 26. September 1862 aus Heidelberg nach Pforzheim. Portorichtig nach dem Tarif von 1859: Briefe über 3 - 10 Meilen = 3 Kr.
Vermutlich sind es nicht allzu viele, die diesen Beitrag bis hierher mit Interesse verfolgt haben - und sehr wahrscheinlich werde ich mit diesem recht speziellen Text zu einer zugegebener Maßen nicht sonderlich attraktiven Briefmarke bei kaum einem der mitlesenden Sammlerfreunde das Feuer für eine Alt-Baden-Sammlung entfachen können, aber wie ich weiß, gibt es doch einige hier, die gerne einmal etwas anderes sehen - oder erfahren - können, was jenseits ihrer eigenen Sammelgebiete liegt.
Ich stelle mir diese Art von Postgeschichte als "Kontrastprogramm" zu den hier vorwiegenden Themen vor.
Viele Grüße
balf_de