Konsumentennutzen ist umstritten
Wird die Briefmarke billiger oder einfach jede zweite Poststelle geschlossen? Die Vertreter der Konsumentenorganisation sind sich uneins über die Folgen der Postmarktliberalisierung.
Nach der vollständigen Öffnung des Postmarktes würden die Konsumenten von niedrigeren Preisen, einem breiteren Angebot und der Wahlfreiheit profitieren, prophezeit das Konsumentenforum (KF) in einer Pressemitteilung. Ganz anders die Einschätzung der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) die praktisch zeitgleich verschickt wurde: «Die Liberalisierung wird den Konsumentinnen und Konsumenten nichts bringen».
Die beiden Organisationen reagierten mit ihren Vernehmlassungsantworten auf den Bundesratsentwurf von Ende Februar. Nach dessen Plänen soll das noch geltende Briefmonopol der Post 2012 vollständig fallen. Zuvor will die Landesregierung in einem ersten Schritt bereits 2009 die Monopolgrenze von derzeit 100 Gramm auf 50 Gramm senken.
Hoffnungsvoller Blick nach Europa
Das Geschäft mit den Briefen soll somit in der Schweiz gar früher vollständig liberalisiert werden als in der EU, wo erst 2013 alle Mitgliedstaaten so weit sein werden. Schweden und Finnland wagten diesen Schritt aber bereits 1993 beziehungsweise 1994. Darum werden deren Erfahrungen von Gegnern wie Befürwortern gerne ins Feld geführt. Namentlich in Schweden wurde die Zahl der Postämter massiv reduziert, doch verzeichnet das dünn besiedelte Land im EU-Vergleich noch immer ein überdurchschnittliches Universaldienstangebot. Ebenso sanken anfänglich die Preise, wurden aber mittlerweile auch wieder kräftig erhöht.
«Die Grundversorgung bis in die hinterste Ecke der Schweiz ist uns sehr wichtig», verteidigt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, die ablehnende Haltung. Die Dinge würden in diesem Punkt derzeit zu schnell vorangetrieben. Dass ganz Europa die Postdienste vollständig liberalisieren will, beunruhigt Stalder nicht weiter: «Im Gegensatz zum Strommarkt können wir uns bei der Briefpost ein Inseldasein leisten».
Überhaupt sei man der Ansicht, dass beim Briefverkehr der Status quo des Monopols wohl die beste Lösung sei. «Die Entwicklung in anderen Ländern haben gezeigt, dass von einem solchen Schritt nur die Bewohner der grossen Städte und Agglomerationen profitieren», so Stalder
«Die flächendeckende Grundversorgung und distanzunabhängigen Preise werden gesetzlich vorgeschrieben», widerspricht Franziska Troesch-Schnyder, Präsidentin des Konsumentenforums. Mehr Wettbewerb und die daraus resultierenden Preissenkungen sowie die Steigerung des Dienstleistungsangebots komme letztlich auch den kleinen Konsumentinnen und Konsumenten zugute.
Selbst beim ersten Schritt, wenn die Monopolgrenze auf 50 Gramm gesenkt wird, rechnet Troesch zumindest mit indirekten Vorteilen. So dürften Bankkunden davon profitieren, dass ihnen für den Schriftverkehr tiefere Porti belasten würden.
Post ist nicht gleich Telekom Die Situation der Post sei nicht mit jener der Telekommunikation zu vergleichen, wo die Konsumenten durch die Liberalisierung in den Genuss von massiven Preisreduktionen gekommen sind, argumentiert Sara Stalder: «Der Telekommarkt ist innovativ und wachsend, ganz im Gegensatz zur Post». Die Preise seien in der Schweiz grundsätzlich in Ordnung, so das Urteil der Stiftung für Konsumentenschutz weiter. Einzig bei Briefen bis zu 20 Gramm, die die Hälfte des Postverkehrs ausmachen, bestehe angesichts der Post-Gewinne Spielraum für tiefere Preise.
Würde aber nicht genau die Konkurrenzsituation der Liberalisierung diesen Druck auf die Preise bringen? «Nein, gerade nicht», betont Stalder, «das mag bei den Paketen funktionieren, aber nicht bei Briefen. Der Aufbau einer zweiten Infrastruktur zur Verteilung der Briefpost wäre aufwändig und kostspielig.»
Wie erklären sich die beiden Organisationen, die beide die Interessen der Konsumentinnen vertreten wollen, ihre so diametral unterschiedlichen Positionen? «Das Konsumentenforum hat offensichtlich andere Konsumenten, vorab jene in Zürich und Umgebung im Visier», glaubt Stalder zu wissen. Die SKS hingegen blicke «bis zuhinterst ins Bünderland».
Dem widerspricht KF-Präsidentin Troesch: Die Differenzen in dieser entscheidenden Frage würden vielmehr von der unterschiedlichen politischen Ausrichtung der beiden Organisationen herrühren. «Bei der SKS hat man mehr Angst um die Arbeitsplätze, während wir grundsätzlich für die Liberalisierung einstehen», erklärt sich Troesch die konsumentenpolitische Kakophonie.
Mehr News Wirtschaft Artikel: » drucken » mailen » bookmarken
FACTS 2.0 del.icio.us Mr. Wong Yigg Facebook
© Tamedia AG – Quellen: tagesanzeiger.ch – Agenturen – Kontakt
Partner-Websites: 20min.ch | annabelle.ch | automobilrevue.ch | dasmagazin.ch | espace.ch | facts.ch | fuw.ch | Kadermarkt | Kleinanzeigen | lessentiel.lu | motosport.ch | newsprint.ch | Partnersuche | radio24.ch | schweizerfamilie.ch | sonntagszeitung.ch | Stellen | tamedia-stellenmarkt.ch | telezueri.ch | thurgauerzeitung.ch | zueritipp.ch WIRTSCHAFT mehr
Der Konzernchef von Jelmoli tritt zurück 08:04
Die Täter hüllen sich oft in einen «Mantel» 23:49
Frauen sind in Schweizer Chefetagen nicht gefragt 22:29
Heftiges Ringen um Jelmoli-Strategie 16:29
Banker wegen Geldwäscherei vor Gericht 15:52
Alle Artikel »
SUCHEN
Agenturticker mehr
08:20 Jelmoli-Konzernchef Pinger wird nach der GV zurücktreten
16:25 Barrel Öl wird in New York für knapp 140 Dollar gehandelt
15:27 31 Nationen in den grössten Schweizer Geschäftsleitungen vertreten
tageszeiger.ch